Von fließenden Gewässern und rauschenden Gedanken: im Taxispalais mit NINA TABASSOMI und HANNELORE NENNING
Mit der aktuellen Ausstellung fließen in der TAXISPALAIS – Kunsthalle Tirol wird der Osttiroler Künstlerin Hannelore Nenning eine Einzelausstellung (15.3. bis 15.6. 2025) gewidmet, in der sich Naturbeobachtung und Widerstand auf künstlerische Weise verbinden. Die Arbeiten der Künstlerin – ihre Aquarelle und Radierungen alpiner Flusslandschaften – werden von Kuratorin Nina Tabassomi als „gegenwärtige Appelle“ verstanden, die uns dazu einladen, „den uns umgebenden Wasserläufen respektvoller und anders zu begegnen.“
Tabassomi wurde erstmals 2022 auf Nenning aufmerksam, als sie ihre Aquarell–Arbeiten in der Ausstellung Bodies of Water in der Neuen Galerie Innsbruck (kuratiert von Petra Poelzl) sah. Sie war sofort beeindruckt vom künstlerischen Ansatz der Malerin, sodass sie Nenning direkt einlud, an der Gruppenausstellung Eco Land Art im TAXISPALAIS teilzunehmen. Die Idee einer Einzelausstellung konkretisierte sich schließlich, als Nenning von dem geplanten Ausbau eines Wasserkraftwerks im Kaunertal erfuhr und folglich begann, sich in einer neuen Werkserie mit ebendieser bedrohten Landschaft im Platzertal auseinanderzusetzen.
Obwohl Nennings Arbeiten in einer klassischen Formensprache ausgeführt sind, etwa in der Technik der Aquarellmalerei, sieht Tabassomi darin eine zeitgenössische Praxis, die sich dadurch auch fürs TAXISPALAIS relevant zeigt:
Gegenwartskunst kann in sehr unterschiedlichen Formensprachen artikuliert werden, gemeinsam ist allen, dass sie über einfach Sagbares hinausgehen und sich einer klaren Übersetzung in eine nichtkünstlerische Sprache entziehen. Hannelore Nenning hat eine Meister:innenschaft in traditionellen Techniken erlangt, die sie in den Dienst eines heutigen Anliegens stellt. Sie aktualisiert damit gewissermaßen die Genres.
Die Präsentation der Werke wurde von der Kuratorin sorgfältig durchdacht. Die Wände des Hauptraumes sind in einem dunklen Waldgrün gestrichen, um die unterschiedlichen Farbgebungen der Gewässer in den Malereien adäquat hervortreten zu lassen. In mir hat der gewählte Farbton in Kombination mit den Landschaftsmalereien Assoziationen an die Ästhetik der Romantik hervorgerufen.
Den Konnex, den Sie zwischen Nenning und der Romantik aufmachen, finde ich interessant und er lässt sich auf unterschiedliche Arten diskutieren. Denken wir beispielsweise an die Arbeiten Casper David Friedrichs würde ich einen der Unterschiede in seiner allegorischen Herangehensweise sehen. Auch das Subjekt spielt eine andere Rolle darin. Hannelore Nenning besucht die Wasserläufe nicht als Protagonistin und es sind keine Menschen als Maßstab darin eingebaut. Ihre emotionale Wahrnehmung des fließenden Wassers schreibt sich jedoch in die Auswahl der signifikanten Stellen der Wasserläufe; Lichtstimmungen etc. ein. Ich sehe sie eher als eine Art Geschichtenerzählerin, die etwas wiedergibt, das sie selbst erfahren hat. Diese Erfahrung teilt sie dann mit uns; sie beglaubigt sie gewissermaßen mit ihrem eigenen Sehen. Letztendlich geht es aber weder um ihren individuellen Blick noch um die menschliche Erfahrung von fließendem Wasser. Vielmehr steht eine empathische Annäherung des Menschen an die Habitate, die diese Gewässer herstellen, im Zentrum. Eine empathische Annäherung an die Lebensräume des Wassers können wir als Menschen jedoch nur über unsere menschlichen Sinne vornehmen. Es ließe sich sagen, Hannelore Nenning lädt zu einem Blick des staunenden Wissens ein und es ist sicherlich sehr interessant, diesen mit der revolutionären Romantik in Verbindung zu bringen. Das anti-feudale und anti-kapitalistische Moment darin lässt sich definitiv in Zusammenhang mit Nennings Auseinandersetzung mit bedrohten Gewässern stellen.
– Nina Tabassomi
In einem Nebenraum wird die Ausstellung inhaltlich durch eine Intervention des C&Center of Unfinished Business ergänzt – dort finden sich Büchertische mit Werken, die sich offensichtlich auf Spuren des Kolonialismus beziehen (etwa von Franz Fanon, Robin Wall Kimmerer oder Ursula K. Le Guin), aber auch solchen, die auf den ersten Blick gar nichts damit zu tun haben und daher Fragezeichen aufwerfen. Besucher:innen sind eingeladen, die Publikationen mittels Post-Its zu kommentieren und so ihre Gedanken zu hinterlassen. Nicht ganz eindeutig scheint hier der Bezug zu den Gemälden der Künstlerin, doch Tabassomi hat die beiden Positionen bewusst kombiniert, da struktureller Rassismus und Kolonialismus auch auf ökologischer Ausbeutung beruhen: „Das Center und Hannelore gehen diesen konstitutiven Gewaltverhältnissen unermüdlich nach“.
Contemporary And (C&) C& Center of Unfinished Business (detail), Installation view, TAXISPALAIS Kunsthalle Tirol, 2025 | photo: Günter Kresser
Die auf den Tischen präsentierten Publikationen suggerieren endlose Querverbindungen und Verstrickungen. Sie rufen die Annahme hervor, dass sich der Ausstellungstitel fließen nicht nur auf das zentrale künstlerische Motiv der Wasserläufe bezieht, sondern auch auf größere gesellschaftliche Diskurse. „Das Fließen des Wassers bezeichnet eine organisch stetige Bewegung, die mit natürlichen Kräften in einem Response-Verhältnis steht“, erklärt Tabassomi, und dem gegenüber steht der „Fluss des Kapitals“, der auf Ausbeutung und Profit basiert.
Letztendlich sieht die Kuratorin in Nennings Arbeiten eine demütige Form von Widerstand: „Die Künstlerin besucht die Fließgewässer und verbringt Zeit mit ihnen. Dabei greift sie nicht ins Setting ein, sondern zeichnet stattdessen auf, wie die Bewegungen des Wassers sie selbst bewegen“. Genau darin liegt für Tabassomi das Politische: „Sobald wir uns selbst als gleichwertigen oder sogar untergeordneten Teil des Planeten empfinden, statt als Herrscher darüber, werden wir automatisch ein anderes Verhalten zeitigen.“ fließen ist eine Einladung zum Innehalten, zur Reflexion und zum Perspektivwechsel – und nicht zuletzt ein Plädoyer für eine empathische, respektvolle Beziehung zur Welt.
Nach dem Besuch der Ausstellungseröffnung, der einige Gedanken in mir in Bewegung gesetzt hat, habe ich für diesen Beitrag ein paar Fragen an Hannelore Nenning geschickt – worauf sie mir mit einem Essay antwortete:
Zu den Fragen: „Woher stammt die Faszination für das Element Wasser als zentrales Motiv ihrer künstlerischen Arbeit? Seit wann beschäftigen Sie sich mit der Darstellung von Flussläufen und Flusslandschaften – gab es einen Schlüsselmoment, der das auslöste?“
Nur eine Wiesenbreite von dem Haus entfernt, in dem ich aufwuchs, floss ein Quellbächlein aus dem Leisacher Wald durch das darunter liegende Dorf und mündete an der Grundstücksgrenze unseres Nachbarn in eine vierhundert Jahre alte, händisch gegrabene Wiere, die den Dorfschmied, die Säge, eine Kesselfabrik und auf der weiteren Fließstrecke auch noch eine Brauerei, eine Weberei und andere Betriebe mit Wasserkraft versorgte. Die Wichtigkeit des reißenden Wassers war mir daher von klein auf bewusst und ebenso die Gefahr, die von ihm ausging: In den Kanal hineinzustürzen würde, so warnten alle Eltern, für Kinder den sicheren Tod durch Ertrinken bedeuten!
Im Volksschulalter entdeckte ich andererseits, dass das glucksende Wasser des Dorfbächleins für mich persönlich von beträchtlichem Wert war: Auf seinem Lauf vom Oberdorf ins Unterdorf passierte es etliche Obstgärten, nahm Pflaumen, Mirabellen, Äpfel, Birnen und Nüsse mit und legte die fein gewaschene, süße Fracht wie ein Geschenk in flachen Passagen zwischen großen Büscheln von üppig wuchernder Kresse ab. Der Herbst ist kurz, das Jahr ist lang. Bald weitete sich mein Interesse auf alles aus, was im und am Wasser lebt und wächst.
Als junger Teenager nahm ich mir vor, meine Angst vor tiefem, reißendem Wasser ein für alle Mal zu besiegen: Insbesondere bei Sturmwind stieg ich gern auf eine große Weide, die sich weit über die reißende Wiere neigte, um in ihrer geschmeidigen Krone zu schaukeln und meinen Gedanken nachzuhängen; oder ich legte mich bäuchlings knapp über der Wasseroberfläche auf kräftige Äste, bewunderte von dort aus das glitzernde Spiel der Wellen und prägte mir Strömungsmuster ein.
Oft zog es mich an die Drau, den mächtigen Hauptfluss des Pustertales. Zu jeder Jahreszeit, bei jedem Wetter, gab sich der Fluss ein anderes Gesicht. Ich pirschte stundenlang durch die Erlen-Auen den damals noch unwegsamen Ufern entlang und fühlte mich dabei wie ein Forscher im Regenurwald.
Zum facettenreichen künstlerischen Thema machte ich Drau und Isel und die Osttiroler Gletscherbäche erst viele Jahre später, und zwar ab dem Zeitpunkt, zu dem mir wegen konkreter Kraftwerksprojekte klar war: Das alles sehe ich vielleicht schon bald zum letzten Mal!
Zur Feststellung bzw. Frage: „Die Ausstellung im Taxispalais umfasst hauptsächlich Aquarelle und Radierungen. Welche Gedanken stehen hinter der Wahl dieser Techniken? Und wieso haben Sie sich dazu entschieden, einer klassischen/traditionellen Maltechnik zu folgen?“ Die Kunst der Radierung, wie sie Rembrandt, Goya oder Käthe Kollwitz meisterhaft beherrschten, hat mich von Jugend an fasziniert. Um diese Technik zu erlernen, bewarb ich mich um Aufnahme an der Akademie der bildenden Künste in Wien.
Dort hat man mich aber nicht den Grafikern zugeteilt, sondern ich wurde in die Meisterklasse des Tier- und Portrait-Malers Prof. Franz Elsner aufgenommen, dem meine Tier-Darstellungen bei der Aufnahmeprüfung besonders gut gefallen hatten. Meinen ursprünglichen Studien-Wunsch konnte ich mir später dank eines Stipendiums an der Sommerakademie Salzburg zusätzlich erfüllen, und die dort erarbeiteten Kenntnisse öffneten mir schließlich auch noch die Türen der Grafik-Klassen an beiden Wiener Kunstakademien.
Wenn man sich als bildende Künstlerin dazu entschließt, eine bestimmte (komplizierte) Technik zu erlernen, trifft man damit eine ebenso langfristig wirksame Auswahl wie ein Musiker, der sich für Erwerb und Studium eines bestimmten Instrumentes entscheidet. Um eine Technik bzw. ein Instrument auf hohem Niveau zu beherrschen, ist großer Zeitaufwand nötig. Fühlt man sich endlich in der Lage, in der gewählten Technik bzw. mit dem auserkorenen Instrument das zu vermitteln, was man damit vermitteln kann und will, dann freut es einen eben, sich dieses ganz besonderen Ausdrucksmittels bei jeder sich bietenden Gelegenheit bedienen.
Ganz anders war mein Zugang zur Malerei. Ich erprobte alles, was mir die Lehrenden zu bieten hatten. Prof. Elsner liebte pastose Ölmalerei auf Leinwand und setzte dafür selbst angeriebene Farben, grobe Pinsel und breite Spachteln ein. Sein Assistent Gottfried Hula vermittelte, wie man die langen Trocknungszeiten der Ölgemälde durch Verwendung moderner Materialien umgehen kann: „Acryl-Farben auf Hafa-Platten!“ lautete seine Lösung. Im Gegensatz dazu führte Prof. Anton Lehmden gediegene altmeisterliche Techniken vor, die in Form von Gemälden Jahrhunderte überdauern könnten.
Dass zeitgleich außerhalb der akademischen Sphären ganz Anderes Furore machte, entging uns Studierenden natürlich nicht. Häufig kamen kahlgeschorene junge Damen zu uns in die Klasse, um sich als Portrait- oder Akt-Modelle ein wenig Geld zu verdienen. Sie waren Mitglieder der Burgenländischen Mühl-Kolonie, wo man die künstlerisch-sexuelle Befreiung erprobte…
Einige Studien-Kollegen, die „ab und zu mal was echt Geiles“ erleben wollten, pilgerten nach Prinzendorf. Dort konnten sie der Entstehung von Schüttbildern und der Produktion sündteurer Reliquien beiwohnen und hautnah miterleben, wie spektakulär „Kulturmetzger“ Nitsch profane Schlachtopfer -Rituale zu zelebrieren verstand.
Eine andere Fraktion der etablierten Avantgarde war z.B. in der „Galerie nächst St. Stefan“ zu finden. Dort präsentierte man variantenreich eine sogenannte „Aktuelle Gegenwartskunst“, die nur für einen gelehrten Zirkel von Eingeweihten erschließbar war.
Den Studentinnen und Studenten meiner Generation stand eine schier unendliche Anzahl von Wegen offen, die sie als Absolventinnen würden beschreiten können. Da stellte sich mir natürlich die Frage nach dem Wohin. Was macht Sinn?
Hätte ich im Milieu der bewundernswerten Grafikerin Käthe Kollwitz gelebt, dann hätte wahrscheinlich auch ich das Elend der Arbeiterklasse in dramatischer Bildsprache thematisiert. Als ich mich entschied, meine Fähigkeiten für Wichtiges einzusetzen, waren hierzulande die meisten Forderungen der einstmals Unterprivilegierten erfüllt, aber statt der Menschen wurde nun die wehrlose Natur rücksichtslos ausgebeutet, und wertvolle Kulturlandschaften verfielen als Opfer von blinder Profitgier und blankem Unverstand.
Um schützenswerte landschaftliche Schönheit vor Augen zu führen, bedarf es selbstverständlich ganz anderer Gestaltungsmittel als für die Darstellung von Hunger und Not. Im Einflussbereich einer Kunst-Schickeria, die alle Schönheit als Kitsch denunzierte und einen Kult des Hässlichen pflegte, konnten Kulturschaffende meines Schlages natürlich keinen Erfolg erwarten. Ich habe daher das modisch bespielte internationale Parkett nie gesucht und nur selten betreten. Stattdessen habe ich meine großen Werk-Serien bzw. Ausstellungen vor allem jenen Menschen zu zeigen versucht, die für den Fortbestand „meiner“ Motive verantwortlich waren.
Nur wenige Kunstexperten haben mich publizistisch unterstützt. In Dankbarkeit erwähne ich den langjährigen Direktor der Graphischen Sammlung Albertina in Wien, Herrn Hofrat Dr. Walter Koschatzky, der eines meiner Aquarelle für diese renommierte Sammlung erwarb und für zwei meiner Kataloge ein Vorwort schrieb.
Aber innerhalb der Ökologie-Bewegung fand meine Arbeit großen Zuspruch, und ich wurde zur Mitwirkung an vielen wichtigen Projekten eingeladen. Herr Univ. Prof. Dr. Bernd Lötsch, damals Direktor des Naturhistorischen Museums, präsentierte meine erste große Retrospektive in der „Natur- und Kunst-Galerie“ des NHM Wien.
Noch einmal zurück zur Frage nach meinen künstlerischen Praktiken. Wieso habe ich mich dafür entschieden, (noch immer) die alte (altmodische?) Technik „Aquarell“ zu verwenden? Um über bestimmte Landschaften malerisch überzeugende Aussagen zu machen, muss man diese Landschaften aus eigenem Erleben sehr gut kennen. Viele wertvolle Landschaften – ich denke da z.B. an unsere hart erkämpften Nationalpark-Gebiete – lassen sich am besten zu Fuß erkunden. Aquarell-Material plus Zubehör sind gerade noch leicht genug, um sie auf weiten Wanderungen mitzutragen (ein deutlicher Vorteil im Vergleich zur Acryl-Malerei auf Hafa-Platten). Für die Verwendung auf Exkursionen ist das Aquarell auch deshalb bestens geeignet, weil es (im Gegensatz etwa zur Öl- und zur Öl-Eitempera-Technik) nach kurzer Trocknungszeit transportabel verpackt werden kann. Das Aquarell gestattet harten und transparenten Farbauftrag und ermöglicht unendlich zarte Nuancen, was insbesondere für die Darstellung klarer Gewässer von großer Bedeutung ist.
Vor ein Motiv hinzusitzen und das Gesehene auf der Stelle in ein Bild zu verwandeln ist für mich persönlich die Königsdisziplin der Malerei. Dieses Vorgehen erfordert stundenlange, höchste Konzentration. Während ich mich in den Anblick z.B. eines Gewässers versenke. höre ich sein Rauschen, ich kann es riechen, spüre ich den begleitenden Wind auf meinen Wangen und den Sonnenschein auf meiner Hand. Ich fühle mich eins mit der mich umgebenden Natur. Etwas von dem, was ich erlebe, will ich in Bild-Form bringen und male in der Zuversicht, dass das gelingen kann. Aber oft genug ist solches Bemühen zum Scheitern verurteilt: Ein Gewitter zieht auf, die Nacht kommt zu früh, ein Mückenschwarm hat mich entdeckt, Ameisen kriechen mir über die Beine oder es wird bitter kalt – ich muss flüchten. Dann bleibt das Bild Fragment, es sei denn, ich kann es im Atelier aus der Erinnerung vollenden.
Gelegentlich werde ich (tadelnd) gefragt: „Warum immer noch malen? Die Fotografie ist erfunden!“
Für mich ist die Fotografie nie in Novum gewesen. Schon als Kind habe ich meinem Vater in seiner improvisierten Dunkelkammer beim Entwickeln von SW-Fotos helfen dürfen und nebenbei gelernt, wie man die Wirkung von Aufnahmen durch technische Tricks verändern kann. Obwohl sich die Gestaltungsmöglichkeiten seither enorm erweitert haben, gebe ich der Malerei für das, was ich ausdrücken möchte, noch immer den Vorzug: Sie ist persönlicher! Was ich durch meine Augen aufnehme, geht durch mein Innerstes hindurch, wird durch meine Gefühle gefiltert, und nur das mir Wesentliche fließt durch den Arm und die Hand über den Pinsel auf das Blatt. Die Malerei ist eine optische Sprache. Sie ermöglicht eine Verständigung von Gemüt zu Gemüt. Ich wünsche mir, dass die Betrachterinnen und Betrachter meiner Bilder meine Sichtweise nachvollziehen und ein gesteigertes Wertempfinden in ihre Entscheidungen eingehen lassen.
Aus vielen Gesprächen mit Wissenschaftlern der Ökologiebewegung weiß ich, dass sie sich für ihre wichtigen, aufklärenden, warnenden Publikationen sehr Ähnliches erhoffen wie ich für meine Exponate, und dass es sie viel seelische Anstrengung kostet, trotz der offenkundigen Wirkungslosigkeit ihrer Forschungsarbeit nicht einfach zu resignieren. Ein sichtbarer Erfolg für uns alle wird sich vermutlich erst dann einstellen, wenn wir als Gesellschaft die alte Tugend „temperantia“, das Maßhalten, wieder als sinnvoll und nötig begreifen und sie dementsprechend fördern. Jede/r von uns kann durch Schweigen oder Reden die „öffentliche Meinung“ mitbestimmen. Mein Beitrag dazu sind meine Bilder.