Schauspielerin Katarina Hauser hat jenen Absprung geschafft, von dem viele Talente nur träumen können. Ein Gespräch über Zufall, Glück und Erfolg.

Angenehme Temperaturen beleben die Straßen Innsbrucks. Sie sind voller Menschen, die in die Mittagspause starten oder sich wieder auf den Weg in die Arbeit machen. Unter ihnen befindet sich auch eine junge Frau namens Katarina Hauser. Sie stattet ihrem Stammlokal einen Besuch ab. Die Brasserie Kunstpause ist ihr Place-to-be, wenn die Stunde nach einem Mittagessen oder Espresso verlangt. Heute führt sie ein anderer Anlass hierher. Sie ist gekommen um von sich, ihrem Leben und dem Grund, warum sie derzeit besonders oft hier ist, zu erzählen.
Alles begann mit einer Leiche, die in einer Kombüse gefunden wurde. Was jetzt wie der Anfang eines Urlaubskrimis klingt, könnte für Katarina Hauser nicht alltäglicher wirken. Im Jahr 2009 nahm sie ihre Schauspielausbildung an der Schauspielschule Innsbruck auf. Im vierten und letzten Ausbildungsjahr fing Katarina Hauser an beim Gastrotheater zu arbeiten. Damals wurde sie als Regieassistentin eingestellt, doch sprang sie immer wieder bei Proben als Schauspielerin ein. Ein Jahr später ersetzte sie erstmals eine Schauspielerin bei der Show. Das Stück trug den Titel Eine Leiche in der Kombüse und war gewissermaßen ihr Einstieg in den Beruf, die Branche und auch die Selbstständigkeit.
Katarina Hauser nimmt einen Schluck von ihrem Getränk und denkt kurz nach. Obwohl sie lange Zeit als freie Schauspielerin tätig war, fällt ihr keine Rolle ein, für die sie sich bewerben musste. „Ich wurde glücklicherweise – das muss man sagen – immer wieder von Menschen aus der Branche angesprochen“, erklärt sie. Katarina Hauser wurde gesehen und dadurch bekannter. Ein Auftrag führte zum Nächsten. Neben der Arbeit beim Gastrotheater, der sie bis 2019 treu blieb, hatte sie genug Zeit, um andere Aufträge annehmen zu können. Doch hatte gerade Gastrotheater für sie einen großen Wert. Es bildete eine berufliche sowie finanzielle Konstante, die Sicherheit spendete. In dieser Branche ist das eine Rarität. Deshalb vernachlässigte Katarina Hauser diese Arbeit auch nie. Obwohl sie häufig an mehreren Projekten gleichzeitig feilte, fand alles nebeneinander Platz. Terminkollisionen waren immer schon eine Seltenheit. Dafür sorgte sie, sonst herrschte Ausnahmezustand in ihrem Leben. Schlaflose Nächte inklusive. Daher musste von Anfang an klar sein, dass sich alles ausgeht. Wenn das jedoch einmal gar nicht möglich war, wurde es frühzeitig mit den Beteiligten besprochen und geplant. Erst wenn alles geregelt war und sie wusste, dass keine Terminüberschneidungen drohten, sagte sie dem zweiten Projekt zu. So lautete das Motto ihres Terminkalenders: „First come, first served!“ Ein bisschen muss Katarina Hauser selbst schmunzeln, wenn sie an ihre ganz alltägliche Ordnung denkt. Natürlich schätzt sie diesen, ihren Charakterzug, doch ergeben sich daraus nicht nur Zuverlässigkeit und Disziplin, sondern auch amüsante Eigenschaften, die vom altbekannten Künstlerphänomen des kreativen Chaos zwar nicht weiter entfernt sein könnten, aber wahrscheinlich aus derselben Wurzel entspringen. Um ihr kreatives Potential ausschöpfen zu können, braucht Katarina Hauser eine innere Ruhe, die durch bestimmte Alltagsroutinen erzeugt wird. Die Tage an denen Vorstellungen stattfinden sind durchstrukturiert. Ein Telefonat, das sie zum falschen Zeitpunkt erreicht, kann dann schon für Unwohlsein sorgen, da es in ihrem Kopf eine bestimmte Ordnung gibt, die nicht gestört werden darf. Darin ist alles genauestens festgelegt: Wann sie aufsteht, wann sie ihren Kaffee trinkt, wie lange sie Shampoo und Conditioner in den Haaren lässt. Dabei arbeitet sie mit der Stechuhr. Die Haare dürfen jeweils erst nach genau vier Minuten abgespült werden. Keine Sekunde zuvor. Das Makeup wird in einer bestimmten Reihenfolge aufgestellt und anschließend aufgetragen sowie gleich wieder im Schminkbeutel versenkt. „Vielleicht bin ich diesbezüglich ein bisschen extrem“, meint sie und fügt sogleich hinzu: „Aber ich brauche das.“
Struktur und Ordnung scheinen nicht nur ihren Beruf, sondern ihr gesamtes Leben zu prägen. Katarina Hausers Erscheinung ist wohl der beste Beweis dafür. Ihr blondes Haar sitzt perfekt. Keine Strähne verlässt ihre Position. Die extravagante Jacke hebt sich von der weißen Bluse sowie der schwarzen Stoffhose ab und profitiert zugleich von deren Schlichtheit. Das Outfit ist gewagt und doch so kombiniert, dass es in keiner Weise mit seiner Trägerin konkurriert. Im Gegenteil, es scheint, als wären Frau und Dress zu einer Einheit verschmolzen. Dass es einer klaren Optik sowie einer starken Ausstrahlung bedarf, um dieses Outfit derart in Szene zu setzen, ist offensichtlich und eben jene Aspekte haben wahrscheinlich auch dazu beigetragen, dass sie heute keine schlaflosen Nächte wegen Terminkollisionen mehr erlebt, sondern sich über ein geregeltes Arbeitsumfeld freuen kann. „Ich würde mich niemals als Shootingstar bezeichnen. Bei Gott, das bin ich nicht! Aber mein ‚Erfolg’ hat auch damit zu tun, dass ich ein klarer Typ bin“, erklärt die 30-Jährige und ergänzt, dass dies jedoch ein zweischneidiges Schwert ist. Schließlich wird eine kleine, blonde, jung aussehende Schauspielerin für eben jene Rollen besetzt. Katarina Hauser nennt sie die „Prinzessinnenrollen“. Nicht abwertend. Immerhin spielt sie diese sehr gerne. Sie machen ihr Spaß. „Es ist auch beruhigend zu wissen, dass es so ist. Welche Frau wird nicht gern als jung gesehen. Das ist schön“, sagt sie. Doch sei klein, jung und blond eben nicht alles. „Ich bin, glaub ich, auch viel mehr. Worauf ich Lust hätte, wären auch mal Charakterrollen. So richtige Charakterrollen“, meint die Schauspielerin und erinnert sich. Ein paar dieser Rollen hat sie schon gespielt. Die Regel ist jedoch, dass sie nach ihrem Typ besetzt wird.
Katarina Hauser wirft einen kurzen Blick aus dem Fenster. Ihre braunen Augen stehen ein letztes Mal im Rampenlicht, bevor sich die Sonne langsam aus ihrem Sichtfeld entfernt. So war es auch an jenen Abenden, an die sie sich gerade erinnert: 2018 wurde sie vom Theater im Container angesprochen, weil sie perfekt zum Rollenprofil von Katja, der weiblichen Hauptdarstellerin des Stücks Das Interview, passt. Sie nahm das Angebot an und erhielt dafür viel positives Feedback. Die Schauspielerin lächelt und gesteht: „Ich werde niemals vergessen, was die Menschen zu mir gesagt haben. Es war schön einmal so viel zurückzubekommen.“ Doch war das nicht das einzig Gute, was sich damals ereignete. Relativ zeitgleich wurde sie gefragt, ob sie bei Trust mitspielen wolle. Es handelte sich um ein Stück von Falk Richter, das im Jänner 2019 im BRUX aufgeführt wurde. Für Katarina Hauser war Trust ein absolutes Herzensprojekt. Sie hatte die Postmoderne in der Schauspielschule kennen-, verstehen- und lieben gelernt. Dass Trust auch zu ihrem Karrieresprungbrett werden sollte, konnte sie vorerst nicht ahnen. Kurz nach dem Ende der Spielzeit des Stückskontaktierte sie der Schauspieldirektor des Tiroler Landestheaters. Als sie sein Anruf erreichte, befand sich Katarina Hauser im Zug nach Wien. Sie und ihre Kollegin Alexandra Leonie Kronberger fuhren aufgrund von Besprechungen für das Stück Nimm doch die Pfeife aus dem Maul! Brecht gesungen dorthin. Seit vergangenen Herbst spielt Katarina Hauser nun als Gast-Darstellerin am Tiroler Landestheater. Seit ihrer Studienzeit an der Schauspielschule Innsbruck sind 7 Jahre vergangen. Ihr beruflicher Werdegang, der sie durch Räumlichkeiten der Tiroler Gastronomie und über Off-Bühnen führte, hielt zahlreiche Herausforderungen für sie bereit. Trotzdem hat die 30-Jährige ihre Zeit vor dem Tiroler Landestheater genossen und auch viel über das Spiel gelernt. Was die Zukunft für sie bereithält, kann sie nicht erahnen. Die nächste Spielzeit am Landestheater ist zwar gesichert, doch ist sie noch nicht Mitglied im fixen Ensemble. Was sie ganz bestimmt weiß ist, dass sie ihrer Linie treu bleiben wird: „Ich gebe mir Mühe. Ich arbeite an mir. Diese Kontinuität, Disziplin und Konsequenz in der Arbeit haben mich – glaube ich – auch dorthin gebracht, wo ich jetzt bin und natürlich: Hoffentlich geht’s noch weiter!“
Nun ist die Sonne beinahe untergegangen. Katarina Hauser verlässt die Kunstpause, jenen Ort, der nicht weit von ihrem neuen Arbeitsplatz entfernt und deshalb ein naheliegendes Wohlfühlplätzchen ist. In den kommenden Wochen wird es noch ein paar erholsame Stunden geben, bevor die Show am Tiroler Landestheater nach der coronabedingten Pause endlich weitergeht. Bereits am 15. November feiert dort das Kinderstück Eine Weihnachtsgeschichte von Philipp Löhle nach dem Roman von Charles Dickens seine österreichische Erstaufführung. Doch ist Katarina Hauser diesen Herbst auch auf einer anderen Bühne zu sehen: Am 6. November findet die Premiere des Monologstücks Greta im BRUX statt. An dieser Aufführung, die sich mit dem aktuellen Thema der Verschwörungstheorien beschäftigt, arbeitet die Schauspielerin derzeit bereits mit der jungen Autorin und Regisseurin Sarah Milena Rendel. Dieser Herbstplan bietet allen kleinen und großen Theater-Fans ein bezauberndes und zugleich kritisches Kulturangebot.
CV

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