Aus Anlass des kontinuierlichen Clubsterbens und der zunehmend eingeschränkten Freiflächennutzung in der Tiroler Landeshauptstadt lud die Innsbruck Club Commission (ICC) am 26. Jänner 2024 zur ersten Clubkulturkonferenz Tirols ein. Markus Penz war fürs komplex vor Ort und schildert die Thematik in seinem Gastbeitrag.

Seit einiger Zeit geistert ein neuer, düsterer Begriff durch die Innsbrucker Kulturlandschaft und er schaffte es auch schon in die eine oder andere Schlagzeile der Lokalpresse: das Clubsterben. Anlass für die entsprechende Debatte gibt es dabei schon lange, nicht erst seit der Corona-Pandemie, die Situation wurde dadurch aber sicher noch einmal verschärft. So schloss im Jahr 2017 der Weekender Club, Nachfolger des schon 2001 aufgegebenen Utopia, das selbst aus einer „Traumwerkstatt“ hervorgegangen war. Das nächste Schicksal war dann 2019 das große Veranstaltungsareal Hafen, zuvor als alternatives Wohn- und Kulturprojekt „Haus am Haven“ geführt (1993 polizeilich geräumt). Ende letzten Jahres ging es dann Schlag auf Schlag, als praktisch gleichzeitig die Clubs Dachsbau und Cubique schließen mussten. Die Gründe sind bei all diesen Fällen dieselben: gestiegene Kosten und erhöhte Sparsamkeit der Gäste, dazu schwierige Rahmenbedingungen wie eine strenge Lärmverordnung oder baurechtliche Komplikationen. Letztere plagen seit nunmehr schon zwei Jahren auch die Junge Talstation, wo derzeit weder die Veranstaltungsfläche noch die Proberäume genutzt werden können.
Mit den Plänen zum Bau eines Metallzauns am Innufer entlang der Franz-Gschnitzer-Promenade, wo unter anderem üblicherweise die Open-Air-Veranstaltung „Sonnendeck“ stattfand, erreichte das Thema dann im Herbst letzten Jahres ein noch viel breiteres Publikum. Endlich wurde der Protest auch auf die Straße (genauer: die Promenade) getragen und konnte von Seiten der Stadtpolitik – vor allem in Hinblick auf die Wahlen im April – nicht mehr ignoriert werden. Es hatte aber schon zuvor einen Auslöser für eine Auseinandersetzung der Stadtregierung mit der prekären Situation rund um Veranstaltungsorte in Innsbruck gegeben: die auch als Notlösung zu sehenden Raves in der Sillschlucht. In beiden Fällen war es eine Debatte um Fragen der Sicherheit auf der einen und den Bedarf an (konsumfreien) Orten für Musik, Tanz und andere kulturelle Veranstaltungen auf der anderen Seite.
Diesem dringend benötigten Diskurs wurde aus gegebenem Anlass von der Innsbruck Club Commission (ICC), die sich schon seit 2018 für solche Belange einsetzt, kürzlich eine Bühne gegeben. Am 26.1.2024 fand an vier verschiedenen Orten, die sonst eher der Musik vorbehalten sind, die Konferenz „nacht:leben“ statt. Die Themenpalette reichte dabei von Einblicken in die politische Ebene des Nachtlebens bis hin zur politischen und kulturellen Bedeutung der Clubkultur. Ein besonders vielversprechendes Modell ist dabei die in vielen deutschen und niederländischen Städten etablierte Funktion „Nachtbürgermeister:in“, typischerweise als Posten in der Stadtverwaltung, welche:r als Mediator:in und Bindeglied zwischen den verschiedenen Interessengruppen agiert. Es wurde auch klar, dass mit dem entsprechenden Willen bei Stadt- und Landesregierung auch sehr leicht wirksame Hebel zur Verbesserung der Situation betätigbar wären. Dies sind zum Beispiel Anpassungen des Tiroler Veranstaltungsgesetzes, der Kulturförderungen, sowie der Bau- und Nutzungsordnungen. Die Schaffung eines städtischen Kulturschutzgebietes würde ein weiteres Clubsterben sicher eindämmen können. In Innsbruck gibt es derzeit immerhin ein Konzept für die Schaffung einer eigenen Beratungsstelle für das Veranstaltungswesen. Während die Konferenz durch die Vermittlung von Ideen und Möglichkeiten so einen durchaus auch positiven Ausblick erlaubte, wurde sie von einer besonders unerfreulichen Nachricht begleitet. Die Finanzierung der Projekte der ICC (Kampagnen gegen sexuelle Belästigung und zu Gefahren beim Drogenkonsum, Veranstaltungen wie die eben genannte Konferenz) ist mit diesem Jahr ausgelaufen und bis auf weiteres ist daher nur mehr ein ehrenamtliches Engagement möglich. Ob Hoffnung auf eine zweite Auflage dieser bisher einzigartigen Konferenz in Innsbruck besteht, ist also anzuzweifeln.
Dabei fehlt uns am Ende aber noch das wirkliche Argument für den schützenswerten Status von Clubkultur und Nachtleben. Geht es nur um den Erhalt von Zonen des Hedonismus und gelegentlicher Eskapaden? Ganz sicher auch darum. Jedoch ermöglicht das Vorhandensein einer lebendigen, subkulturellen Szene ganz automatisch noch viel mehr: sie liefert Berührungszonen über soziale Schichten hinweg, bildet eine gesellschaftliche Experimentierfläche abseits der sonstigen Normen; sie ist Ursprungsort von Beziehungen und Projekten, Nährboden für Kreativität und Freiraum für persönliche Entfaltung. Dies sind alles Aspekte, welche das Soziotop Stadt ganz wesentlich prägen und ohne die nachts nur eine Ansammlung von Wohnhäusern verbleibt, in deren Fenstern gelegentlich ein Fernseher flimmert.
| Markus Penz

Ein Gedanke zu “Vom Innsbrucker Clubsterben und Nachtleben”