Happy anniversary, p.m.k! – mein liebstes Ausgeh-Algen-Akronym wird 20

Verschlafen drehe ich mich am späten Morgen im Bett um – oder ist es schon Mittag, jo, jo?!  Desorientiert öffne ich die Augen, mein Kopf fühlt sich gruselig duselig an. Uff. Beim Griff zum rettenden Wasserglas, das in weiser Voraussicht schon seit Ende gestern auf mich wartet, bemerke ich ein güldenes Band, das sich elegant um mein Handgelenk schlängelt. Darauf zu lesen: „cultural life support system“ und in meinem Kopf ertönen sogleich bereits wieder begleitende Beats, die das zugehörige Akronym stilsicher vertonen. Ahja: p.m.k – da war ja was! 

SIE (Anm.: die p.m.k.) war wieder mal „schuld“; Eine weitere schlaflose Nacht reiht sich in ein Sammelsurium an Erfahrungen und Erlebnissen ein, welches mich – und ich spreche da wohl für einen großen Anteil der Innsbrucker Stadtbevölkerung – mit diesem speziellen „Bogen“, der sich mittlerweile über drei Viaduktbögen erstreckt, verbindet. In meinem Fall ist dies mit dem Jubiläum deckungsgleich. 20 Jahre haben die gute p.m.k. und ich gemeinsam erlebt, inklusive der Feier am Jubiläumswochenende. Und damit ist nun wohl auch der Hangover nachvollziehbarer, der mich, die Autorin dieses Artikels, Altersklasse 35+, post eventum begleitet. Aber wie immer war’s totally worth it.

20 Jahre p.m.k. und ich liege also hier, mittlerweile fast doppelt so alt und in dementsprechendem Zustand, als hätte ich die letzten zwei Jahrzehnte in einem Zug durchgefeiert. Wenn das kein perfekter Moment für eine Zeitreise ist… Ich bin zwar nicht wirklich reisefit, aber was soll’s, wie heißt es so schön? Aufstehen, Kopfschmerzen ignorieren, Vogelnest-Frisur richten, weitergehen. Alle bereit? Ich nehme euch mit auf eine Tour durch die bewegten Jahre der p.m.k. in Innsbruck.

Foto: Claudia Wallner

2004. Wir schreiben das Jahr des großen Neuanfangs. Das Kulturzentrum Utopia ward Geschichte (später sollte es aber als „Weekender Club“ für ein Zeitl neu geboren werden!) und nach der Trauer beginnt eine Gruppe von kreativen Köpfen mit der Suche nach Alternativen.  Einer davon: Chris Koubek. Der Damals-bis-heute-Vereinsobmann ging an einem freigewordenen Bogen vorbei und erkannte sofort ein gewisses Potential. Kurz darauf stiegen weitere Vereine mit ins Boot und die heutige p.m.k (die Abkürzung steht für „Plattform mobiler Kulturinitiativen“) ging an den Start. Der Künstler Thomas Feuerstein schuf das dazugehörige Fassadenlogo, genauer ein aktives labor- produktives- nährboden- Logo, welches durch die Verwendung entsprechenden Biomaterials (Algen) in Kombination mit dem Einsatz entsprechender Lichtquellen (Neonröhren) auch bald die Innsbrucker Bogenmeile hell erleuchten sollte. Ein lebendiges Logo also, in dem Algen in den Buchstaben schwimmen; und den Veranstaltungsinnenraum ziert der pink-leuchtende Schriftzug von Christoph Hinterhuber – „OHNE THEORIE KEINE REVOLUTION“ – hä??? Während meine Freund:innen und ich bis dato noch zum Indie-Schüler:innenfest ins Kellerloch gehen und anfänglich nur die Hälfte des p.m.k-(Raum-/Kunst-) Konzepts kapieren, schaffen die weitsichtigen Gründer:innen einen Raum für alles Experimentielle, was Innsbruck bis dato gefehlt hat: Neben Musik, die nicht im Hitradio läuft und laut und live gespielt wird, finden diverse Vereine ihre Heimat in dem Kulturbogen und organisieren laufend auch Clubbings, Bälle, Lesungen, Politgespräche, Performances, etc. – spannend und ansprechend für junges Gemüse wie uns! Unsere erste zarte Bande war nun also geknüpft und mein Handrücken fing an, fleißig p.m.k-Einlass-Stempel zu sammeln. In der Luft liegt eine Mischung aus Freiheit, Rebellion, Bier und Rauch. So kann’s gerne weitergehen.  

Thomas Feuerstein – Fassadenprojekt p.m.k | Foto: p.m.k

2009 – Der erste klingende Geburtstag. Der Raum ist zu klein, die Gäst:innen zu viele, und das macht es fast perfekt. Zeit, um die Ärmel wieder hochzukrempeln. Die p.m.k. verändert sich nun räumlich erneut, über 210 Veranstaltungen pro Jahr, einige ständige Mitarbeiter:innen und Mitglieder aus mittlerweile über 27 Vereinen brauchen Platz. Der ehemalige Dollarshop (R.I.P. Skatehouse!) wird übernommen und aus dem Bogen 19 und 20 wird eine sehr ansehnliche und sinnvolle Veranstaltungseinheit, die man nun als repräsentatives Veranstaltungszentrum bezeichnen darf. Man feiert sich selbst und die Stadt, und Innsbruck blüht irgendwie auf. Es wird weiterhin experimentiert: Musikalisch, künstlerisch und, naja, auch in den schummrigen Ecken… Ich bin mittlerweile eine Ex-Maturantin in ihrem Erstjob. Eskapismus wird am Wochenende also groß zelebriert – mit Glitzer im Haar und den Füßen voller Blasen vom Tanzen, dem Kopf voller revolutionärer Ideen, was die Zukunft alles bringen könnte und sollte. Ich will mich da aber nicht ganz festlegen, muss ich auch zum Glück nicht und shake abwechselnd durch den loungigen Vorraum und Hauptraum zu Hip-Hop, Elektro, Drum’n‘Bass und Überraschungssound, wie etwa dem bei der legendären „Drei-Hits-Fete“ am 23.12. Diese wurde mir nicht nur einmal am „Heiligen Abend“ im Kreise ausgeschlafener Familienmitglieder zum süßen Verhängnis. Doch schiefe Blicke egal, denn die p.m.k. ist mein Heimkommen, und ich weiß, egal, was kommt, hier ist unser Wohnzimmer und unsere Tanzstätte, um die kapitalistisch-kalte Welt da draußen kurz zu vergessen. Manchmal passiert es sogar noch unter der Woche, dass hier abgedanct wird.


2014 – Der p.m.k. geht’s so gut wie nie, aber ich komme langsam in die Phase, in der ich nach dem Feiern zwei Tage lang eine Couch brauche, vielleicht auch, weil mein Kopf nun auch zusätzlich auf der Uni raucht. Die Klubnächte werden intensiver, die Bands internationaler, die Kunst abgefahrener. Das Jahr der sogenannten „p.m.k.-Revolution“ ist gekommen, weil die Veranstalter:innen es irgendwie schaffen, konstant ein größeres, diverseres Publikum anzuziehen. Leute aus allen Ecken kommen hierher, treffen auf internationale Künstler:innen und DJs, die von New York bis Berlin und sonst woher eingeflogen kommen oder sich einfach auch mal über ein Tirol freuen, „das nicht nur aus Kitzbühel, Skifahren und Tourismus besteht“, wie es eine Wiener FLINTA*-DJ formuliert, die von Anfang an von der p.m.k für Gigs angefragt wurde. Ich beginne mich zu fragen, ob ich irgendwann mal genug von diesem Sehnsuchtsort haben werde und ob ich in ferner Zukunft nicht auch selber DJ werden sollte …Tja, female role models rulen halt einfach!

Danke an dieser Stelle auch an David Prieth, der 2017 die Geschäftsführung übernimmt und für kulturelle Vielfalt im Innsbrucker Kulturbiotop sorgt. Das gefällt mir persönlich bestens und damit bin ich nicht allein.

Chris Koubek und David Prieth bei der p.m.k – Weihnachtsfeier | Foto: David Prieth/p.m.k

2019 – Das Erwachsenwerden. Das Kulturzentrum p.m.k. ist inzwischen eine Institution, und die Gesichter an der Bar sind ab und zu die gleichen wie damals. Die meisten sind nur ein bisschen ergrauter, die Partys laufen vielleicht eine Spur geordneter ab, aber wenn ich ehrlich bin – so wie heute habe ich das damals wohl auch schon gesagt. Egal, die Stimmung ist unverwüstlich, die Getränke ein bisschen teurer, die Nächte immer noch lang. Nach zwei Gin Tonic rede ich von „den alten Zeiten“, und p.m.k. wird nostalgisch. Was hab ich eigentlich die letzten 15 Jahre gemacht? Ach ja, richtig. Gefeiert und/oder geraucht und gequatscht vor der p.m.k-Tür. Der Gehsteig ist eigentlich der heimliche Star des Kulturzentrums, spätestens seit der Einführung eines generellen Rauchverbots in öffentlichen Innenräumen. Jetzt geht’s also öfters und auch länger „aussi“. Der Gehsteig ist lebendig bevölkert, die Schmuseecken frequentiert, weil „es gheat halt oanfach viel mehr gschmust“ – so steht’s auch auf den Hipster-Bags, deren Träger:innen sich vermehrt in Innsbruck und den Bögen einfinden und die Nacht zum Tag machen. 


2020-2022: Dark times loading – noch dunkler als es sonst um Innsbrucker Kulturinstitutionen und deren Erhalt, Unterstützung und Förderung steht. Die Tür fällt ins Schloss für längere Zeit – „wegen da Pandemie war‘s gwesn“. Irgendwann öffnen sich die heiligen Hallen aber dann doch wieder – Halleluja! Ich erinnere mich an die erste Öffnung – 20 Leute beim Sitzkonzert mit Maske meterweit voneinander entfernt. Die Personalien sauber notiert, falls sich in „Kitzloch-Manier“ doch rasend was ausbreiten sollte… Puh. Aber auch das haben wir überlebt, auch das hat sie überlebt, die kleine große Kulturstätte, in deren leuchtenden Lettern die Bioreaktoren schwimmen, konnte das Virus nicht killen. Rundherum passiert leider ein ziemlicher Kahlschlag in Innsbruck, das Ende für so manche Nachtgastronomie macht betroffen und nachdenklich. Doch die p.m.k bleibt „motivierend, widerständig und divers“. 2022 findet auch zum ersten Mal das Bogenfest statt, das tausende Besucher:innen anzieht. Ich treffe einige Bekannte und Freund:innen dort und mittlerweile sind unsere Bedürfnisse genauso vielseitig wie das Angebot am Bogenfest: es spielen Bands für die Partymäuse, es gibt ein großes kulinarisches Angebot und chillige Sitzplätze im Park und auch für Kinder wird einiges angeboten. Manche kommen früh und gehen am späten Nachmittag, ein paar feiern bis in die Nacht hinein, die Besucherzahlen verdoppeln sich seitdem jährlich. 


2024 – Und hier sind wir. 20 Jahre! What a hell of a ride! Die p.m.k. feiert nun Jubiläum und ich feiere natürlich mit. Ich unterhalte mich mit Wegbegleiter:innen und Künstler:innen und erlebe die Kulturstätte mitunter aus dem Backstage-Raum. Eigentlich will ich’s heute ruhig angehen lassen, habe ich doch zwei Tage zuvor gerade auch schon – ausgehend von der p.m.k – einen deep dive ins Nachtleben gestartet… zu spät, ich finde mich zu Techno tanzend auf der Tanzfläche – was soll’s, liebe p.m.k, die Enten füttern im Park können wir später auch noch, heute gehen wir nochmals steil! Und wie ich sehe, bin ich damit in bester Gesellschaft. 

Ferris MC feiert sein 20-jähriges Bühnenjubiläum in der p.m.k und wir natürlich in Reihe 1 mit! | Foto: Claudia Wallner

Im Grunde hat sich vieles verändert und doch nichts. Wir sind alle älter geworden, aber irgendwie auch nicht. Die p.m.k. hat sich ständig weiterentwickelt, Resilienz bewiesen, sich an Trends angepasst, sie verfeinert, manches neu definiert und am Ende hat es alles seinen Platz gefunden, um zu bleiben. Dieses kleine, große Kulturzentrum hat Innsbruck mitgeformt, hat mich mitgeformt, und wenn ich jetzt so darüber nachdenke, während ich versuche, meinen Schädel irgendwie zu beruhigen… ist es mir ein bisschen peinlich, dass ich jemals dachte, das könnte nur eine Phase sein. So, genug der Nostalgie. Jetzt erstmal Pizza bestellen, Cola holen und hoffen, dass meine Kopfschmerzen bis zur nächsten Party nachlassen.

Ich bin zwar nicht mehr jede Woche dort, aber es bleibt ein Gefühl, als wäre die p.m.k. immer da; eine Art Leuchtturm für all jene, die anders ticken, die ein bisschen lauter, ein bisschen wilder und ein bisschen freier leben wollen. Ich lächle ein wenig, weil ich weiß: Solange es Orte wie die p.m.k. gibt, ist die Welt ein bisschen besser.

Also auf die nächsten 20 Jahre, p.m.k, du e.i.k – einzigartiges Innsbrucker Kulturzentrum! ❤ 

| Claudia Wallner

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