„Und, was hast du heute noch vor?“ – die Frage nach dem Wochenendbesuch bei meinen Eltern beantwortete ich mit einem knappen „Ich gehe auf‘s Heart of Noise – Festival in Innsbruck“, wohl wissentlich, dass sie sich gar nichts darunter vorstellen können. Sie haben auch nicht näher nachgefragt.
Ein paar Stunden später finde ich mich auf einem mir zugewiesenen Stuhl sitzend im Konzertsaal des Haus der Musik wieder. Während der Performance von Jung an Tagen & Rainer Kohlberger, die so einiges von mir abverlangt hat, ist mir der Wortwechsel mit meinen Eltern wieder eingefallen. Kurz musste ich lachen. „Wenn sie nun auch hier wären“, stellte ich mir vor, „sie würden vermutlich den Kopf schütteln und mich entgeistert fragen, warum ich mir das freiwillig antue“. Zugegeben, kurz habe ich mich das während dieser Performance auch selbst gefragt, nachdem ich zwischenzeitlich aus der brachialen Stroboskop-Hypnose aufgewacht bin und meine Gedanken wieder die Kontrolle übernahmen.
Nein, das Heart of Noise ist nicht immer angenehm – und es ist auch keine „Big Party“ in diesem Sinne (besonders nicht im heurigen Jahr, wo es von Seiten des Festivals selbst keinen Getränkeausschank gab und das Tanzen – zumindest in den Innenräumen – gänzlich ausblieb). Was das Festival aber ausmacht, ist diese unbeschreibliche Intensität der experimentellen und künstlerischen Performances, die zum Teil noch lange nachwirkt.
„My aim is to grab my listeners emotionally – pour my soul down their throat and shake every thread of their being” – es sind diese Momente, wie sie Dis Fig prophezeit, die unterdrückte Emotionen in einem zum Vorschein bringen. Mystische Atmosphären, wie sie die österreichische Klangkünstlerin Elisabeth Schimana schafft, die uns für ein paar Minuten völlig Raum und Zeit vergessen lassen. Tranceartige Performances, wie die diesjährige Heart of Noise – Vinyl Edition „Haus der Regierung“, bei denen man sich wünscht, dass sie niemals aufhören und schließlich auch die eher unangenehmen Acts, die einen spüren lassen, wo die eigenen emotionalen und körperlichen Grenzen liegen, dadurch aber interessante, schon fast existentielle Erfahrungen ermöglichen.

Auch wenn das Heart of Noise dieses Jahr nicht unter den besten Voraussetzungen stand, die ein oder anderen großartig angekündigten Acts kurzfristig abgesagt werden mussten und das Festivalfeeling nicht wie gewohnt aufgekommen ist, war es dennoch eines der kulturellen Highlights dieses Jahres, das uns kurzzeitig – zumindest geistig – dem alles dominierenden Corona-Noise entfliehen ließ.
BE
