Bei perfektem Kinowetter haben gestern wieder einige Filmbegeisterte im Leokino-Cinematograph zusammengefunden. Nicht aber, um sich wegen des Regens unterzustellen, sondern um zwei Filme des Meisters der Komödie, Jiří Menzel, zu sehen.
So haben wir den Kellner Jan Dite in „Ich habe den englischen König bedient“ (2006) durch tschechische Bars und Restaurants des 20. Jahrhunderts begleitet, dessen Leben von zwei Wünschen dominiert wird: dem Wunsch, Millionär zu werden und natürlich jede Menge schöne Frauen. Ein äußerst amüsanter Film, bei dem wir an einigen Stellen laut und herzhaft lachen konnten – Prädikat: „Wertvoll“!
In die zweite Runde ging es mit Milos Hrma, der dabei ist, auf etwas holprigem Wege vom Jungen zum Mann zu werden. „Scharf beobachtete Züge“ (1966) wurde 1968 mit dem Oscar für den besten fremdsprachigen Film ausgezeichnet. Und das zu Recht, findet das Publikum.
Doch das eigentliche Highlight des gestrigen Tages: Jiří Menzel himself! Mit roter Regenjacke und einem Glas Bier in der Hand präsentierte sich der 79 – jährige Tscheche vor dem Publikum. Übersetzer werden überbewertet, könnte man meinen. Wir sind froh, dass Menzel die Macht des Mikros an sich gerissen und sich uns in gebrochenem Deutsch, doch fließend ironisch selbst mitgeteilt hat. Hier ein paar Perlen aus dem Q&A, die den ganzen Kinosaal zum Lachen brachten:

Jiří Menzel beim IFFI (c) Dino Bossini
„Ich hoffe, dass sie bleiben bis zu Ende. Und dann können sie Applaus machen, nicht jetzt ja?“
„Danke, dass Sie bis zu Ende geblieben.“ Tosender Applaus. „Jirí, du hast den Applaus gehört.“ – „Ja, aber nicht so gut. Nicht so viel.“ […] Zwischenapplaus.“Nein, nein. Sie sollten nicht Applaus machen. Wir müssen hier so lange stehen.“ […] „Nur nach dem Film darf Applaus gemacht werden?“ – „Ja, das hab ich in mein Kopf schon.“ – „Und dann?“ – „Das ist mir genug, was ich… niemand kann mir besser loben, als mich selbst.“
„Deine Vorbilder für deine Komödien?“ – „Meinst du Mädchen?“ – „Wenn man jetzt deinen Film sieht, dann erinnert man sich an Filme von anderen Filmemachern… Ich hab mich zum Beispiel an einen Film erinnert von Federico Fellini“ – „Who is this? Das habe ich nicht von Fellini geklaut!“ – „Du hast nicht abgeschrieben?“ – „Welche Szene?“ – „Ja das mit den Frauen zum Beispiel. Oder das mit der Nostalgie.“ – „Nein, das ist meine eigene Erlebnis.“ – „Aha. Du hast nie einen Film von Fellini gesehen?“ – „Who is this? Fellini?“ – „Fellini. Kennst du nicht? Der große Filmemacher von Italien.“ – „Das interessiert mich nicht.“
„Die Komödie ist unsterblich, wenn sie gelingt und deswegen habe ich mir schon in der Schule vorgenommen, dass ich nur Komödien machen möchte – obwohl die Intellektuellen und die Kritiker die Nase darüber rümpfen. Für mich ist die Komödie größere Kunst als die Kunst.“
„Ihre Filme waren auch verboten in Tschechien. Als Sie die Filme gemacht haben, war es Ihnen da bewusst, dass Sie provozieren und dass die Filme verboten werden?“ – „Nein ich wollte nie provozieren. Ich habe das mit gutem Gewissen gemacht. Ich will, dass meine Filme sind zum sehen und für die Zuschauer nicht verboten sind. Das hat kein Sinn. Das war nur Zufall.“
„Warum machst du Witze?“ – „Ist gegen Langweiler. Ernst ist langweilig.“
„Du hast uns heute etwas erzählt. Du hast erzählt von deinem Lieblingsessen…“ – „Trockenes Brot. Ich bin sehr modest, ja.“ – „Und welche Gewürze nimmst du dazu?“ – „Nein, nein… Nur das Brot. Für uns ist Brot das Wichtigste. Alles was kommt danach, ist nur für die Bourgeois-People. Es ist… ich glaube, dass Film ist Film und die Rede nach dem Film ist nichts als die Rede. Ich bin sehr dankbar, dass Sie sind sehr neugierig über mich. Aber man muss die Filme anschauen und was wichtig ist, was bleibt in Ihrem Kopf, ist nicht der Quatsch, den ich muss sagen.“ – „Ja, aber die Leute interessieren sich für dich. Den Film haben wir ja schon gesehen. Jetzt bist du dran. Und du sagst uns, was du gerne trinkst und was du gerne isst und …“ „Das darf ich nicht sagen… was ich liebe… nein, das ist nicht für Ihre Ohren. Was ich echt meinen, das ist nur für mich… Sie sind hier zum Film anschauen, bis zum Ende, und wenn sie sind zufrieden, das ist für mich große Ehre, denn ich mache Filme für Sie.“
„Du konfrontierst uns mit sehr vielen Themen in diesem Film…“ – „Ja, die Geschichte ist nach dem Buch von Hrabal“ – „Aber es ist ja keine klassische Buchverfilmung, du hast die Geschichte ja verändert.“ „Nein, nein. [..] Man muss das Buch lesen und Film ist nur für die faulen Leute, die lieber nicht lesen.“
„Leinwand ist nie so reich wie ihre Kopf. Ihre Phantasie ist mehr reich […] Zweidimensional. Leinwand ist so flach […] Buch ist immer das Beste.“
„Warum glaubst du, dass du den Oscar bekommen hast?“ – „Das ist immer das Glück. Bei den ausländischen Filmen ist das so. Auf der Welt, viele viele gute Filme. Sehr viele von ihnen haben Angst nach Amerika zu kommen und dass die Mitglieder der Acadamy das anschauen. Ich bin also Glückvogel. Ich weiß das viele andere gute Filme haben nie Chance in Amerika zu kommen […] und noch dazu viele blöde Filme haben Oscar.“ Applaus. „Das ist nicht zum Klatschen.“
„Film ist nicht Mathematik. Es ist nicht möglich zu messen mit andere Film.“
„Du warst damals einfach der beste Europäer für die Amerikaner.“ – „Ich bin der Beste aus die Amerikaner. Aus Türkei und Europa. Ich bin einfach der Beste.“
„Machst du jetzt noch einen Film?“ – „Nein, warum? Nein.“ – „Warum?“ – „Warum? Nein ich bin zu stolz. Nase hoch. Ich habe meine Filme gemacht, wenn jemand gesagt hat, mach das. Jemand wollte das und ich bin zu stolz für die Arbeit zu fragen. Aber es gibt viele junge Regisseure und ich bin froh, dass ich muss nicht arbeiten. Ich bin in Pension“ – „Für Künstler gibt es keine Pension“ – „Für Künstler vielleicht, aber ich bin ein Handwerker!“
BE, MJ