Gestern eröffnete Innsbrucks wohl experimentellstes Festival, das HoN – Heart of Noise. 2019 ist das Festival wieder zurück im Para Noise Garden, dem öffentlichen Vorplatz vor dem Haus der Musik, wo das Architekturkollektiv columbosnext gemeinsam mit dem studio 3 – Institut für experimentelle Architektur die DISCO VOLANTE, einen sogenannten „con-fused space“, als Bühne für die frei zugänglichen Nachmittags-Performances installierten. Den öffentlichen Raum bespielen, sich die Stadt aneignen, Stadträume zur Bühne machen – das sind die Anliegen des HoN, dem Festival, das (Genre-)Grenzen aufbricht und interdisziplinäre Brücken schlägt.
Das Eröffnungskonzert auf der Open-Air-Bühne spielte der Soundkomponist Andrea Belfi. Zu hören gab es in Trance versetzende Schlagzeugbeats mit elektronischen Verfremdungen, das Ganze in Kombination mit urbaner Geräuschkulisse wie Polizeisirenen oder dem Rauschen der Bäume. Zu fühlen bekamen die auf der Wiese lungernden Festival-Gäste zwischendurch berauschende Windmassagen. So sind wir es gewohnt vom Heart of Noise – dem Fest für alle Sinne.
[folgendes Video, ein Versuch, diese Stimmung via Handykamera festzuhalten]
Weiter ging es dann ab 21 Uhr im Veranstaltungssaal des Haus der Musik mit AkhtamarII – der zweitausendjährigen Oper zweiter Teil – der Insel ihre Zukunft. Eine „progressive Form der Oper“ von Ekehardt Rainalter. Eine vielschichtige Oper mit wenig Gesang, aber dafür um so mehr Performance.
…mit episodenhaften Monologen, die zusammen ein komplexes Ganzes ergeben:
Die richtigen Fragen werden nicht mehr gestellt.
In allen Bereichen haben wir zunehmend das Ding ohne sein Wesen.
Wir haben Bier ohne Alkohol
Fleisch ohne Fett,
Kaffee ohne Koffein
Entkokainisiertes Kokain
Hanf ohne Thc
Fisch der nicht nach Fisch riecht !
und sogar virtuellen Sex ohne Sex.
Käse ohne Scheibletten
Wo bleibt die Kunst ohne Kunst ?
REBOOT REBOOT REBOOT
.
..mit Zeilen aus altbekannten Schlagerhits, als Reimgedichte verfremdend rezitiert:
Ich kam später im Mai an der Hütte vorbei, und ich fand keinen Schnee, denn es blühte der Klee. Und die Sonne, sie schien, und ich dachte an ihn, den ich nie wieder sah, er war Student aus Uppsala.
…und mit mehrsprachigen Einlagen, die man vermutlich auch dann nicht versteht, wenn man die jeweiligen Sprachen beherrscht:
in questo im posso
die konzerne so ferne .. ui!
el gatto in tu civilamente
a kérdés le veszik-e rólam
non cerfatto easy fell
lehet hogy szerdán a fiú a fatto
mmmmhhhhh el cante in questi
csak gyere ide én levágom
there is never more those dead emty gods are gently
surrounding this trist law’s belief
we will pulverize the idols forever
Ende.
BE
Wer mehr zu den Hintergründen von AkhtamarII erfahren möchte, kann hier unser Interview mit den Mitwirkenden nachlesen.