Viele Literaturbegeisterte kennen sie bereits, denn die Buchhandlung Liber Wiederin in der Erlerstraße besticht nicht nur mit literarischen Inhalten, sondern auch mit Optik, Atmosphäre und Beratung. komplex hat sich nun mit dem Geschäftsführer Thomas Wiederin unterhalten – über den Handel mit Literatur.

Während in der Maria-Theresien-Straße und auch am Sparkassenplatz an diesem Vormittag geschäftiges Treiben herrschen, wirkt die Erlerstraße beinahe verlassen. Nur vereinzelte Personen stehen vor den Schaufenstern. Sie bewegen sich kaum. Hier ist Ruhe eingekehrt. So auch in der Buchhandlung Liber Wiederin. Sabine Oguzhan steht hinter der Kassa, blickt jedoch gleich auf und wünscht einen guten Morgen. Thomas Wiederin ist ebenfalls bereits im Geschäft. Wahrscheinlich schon seit einigen Stunden, denn es ist bereits zehn Uhr und das Team beginnt für gewöhnlich schon um acht Uhr mit der Arbeit. Manchmal auch früher. So machen sie in aller Ruhe den Wareneingang – bearbeiten beispielsweise Bestellungen von Kundinnen und Kunden, nehmen neue Titel ins Lager auf und aktualisieren die Homepage. „Dann können wir, wenn wir aufsperren, wirklich für die Kundinnen und Kunden da sein“, erklärt Thomas Wiederin.
Momentan sind zudem auch die Vertreterinnen und Vertreter der Verlage unterwegs, um Bestellungen aufzunehmen, denn das Frühjahrsprogramm ist bereits erschienen. Das Team der Liber Wiederin bereitet sich auch darauf gründlich vor. Thomas Wiederin, Sabine Oguzhan und Ekkehard Hey-Ehrl arbeiten alle Verlagsprogramme durch und markieren dabei die Titel, die sie bestellen wollen. Stückanzahl inklusive. Auf Uneinigkeiten folgt eine kurze Diskussion. „Bei den Besuchen der Vertreterinnen und Vertreter haben wir dann Zeit für Gespräche. Da tauscht man sich aus: Wie geht es den Verlagen? Welche Entwicklungen und Tendenzen sind gerade bemerkbar? Da geht es nicht primär um die Frage, welche Titel wir bestellen“, sagt der Buchhändler.
Die Entscheidung, welche Werke ins Sortiment aufgenommen werden, passiert somit nicht spontan und intuitiv, sondern basiert einerseits auf der Kenntnis des Betriebs sowie andererseits auf dem Wissen über die Interessen und Vorlieben der Kundschaft. Diese setzt sich vor allem aus belesenen Kernkundinnen und -kunden zusammen, die immer wieder kommen, um zu stöbern oder Bestellungen abzuholen. Mit vielen dieser Menschen verbindet das Team der Liber Wiederin eine lange Freundschaft. Dementsprechend sagt der Geschäftsführer: „Wir bestellen gewisse Titel wirklich mit genauer Stückanzahl, weil wir beispielsweise wissen, dass drei Kunden jeweils eines kaufen werden. Also brauchen wir sicher drei und dann nehmen wir noch zwei auf Lager.“
Unter besagten Kernkundinnen und –kunden gibt es zudem auch Menschen, die sich auf bestimmte Themen spezialisiert haben und sich demnach auch für teurere Titel interessieren. Für jene wählen Thomas Wiederin, Sabine Oguzhan und Ekkehard Hey-Ehrl Werke aus, die sie nur einmal bestellen. Dabei beachten sie auch Verlage, die sonst medial weniger Resonanz erhalten.
Darin sieht Thomas Wiederin auch eine Stärke des klassischen Einzelhandels – vor allem von gut geführten eigentümereigenen Verkaufseinheiten. Schließlich können sie unabhängig agieren und müssen nicht allen Tendenzen des Marktes folgen. „Gerade unsere Kernkundinnen und –kunden schätzen genau das, was vorhanden ist, aber auch das, was nicht vorhanden ist“, erklärt der Tiroler. Sie müssen sich demnach nicht durch Berge von Programmen wühlen, weil diese Mengen einfach nicht da sind. „Das ist die Hauptarbeit von einem guten Buchhandel, dass er auswählt, dass er sortiert und, dass er ein relativ unverwechselbares Programm präsentiert, das den Leserinnen und Lesern neue Welten eröffnet.“

Dass dieser Ansatz im Fall der Buchhandlung gelingt, zeigt auch die Assoziation, die einige Menschen mit dem Büchertisch verbinden. Manche sagen, es sieht aus wie ein Schiff, erinnert sich Thomas Wiederin schmunzelnd. Dass dieser im Zentrum der Liber Wiederin steht, ist kein Zufall. Einerseits spielten natürlich architektonische Gründe eine Rolle. Doch ist er auch der Ansicht, dass eine ruhige Tischpräsentation für Neuerscheinungen ideal ist. So wurden auch die Materialien – leichtes Holz und Glas – gewählt. Diese spielen insgesamt in der Buchhandlung eine große Rolle, denn die breiten Fenster bieten Aus- sowie Einblick und die Bücherregale halten sich optisch dezent im Hintergrund. Die Räumlichkeiten wurden vor der Eröffnung von Werner Burtscher und Maki Ortner in Absprache mit dem Bauherrn Thomas Wiederin gestaltet. Seither ist die Liber Wiederin fester Bestandteil der Erlerstraße und somit von Innsbruck. Am 10. März feiert sie ihr zehnjähriges Jubiläum.
Seit fast 35 Jahren ist Thomas Wiederin nun Buchhändler. Dementsprechend gut kennt er das Business, den Betrieb und die Kundschaft. Dass die Buchhandlung Liber Wiederin zu dem Erfolg wurde, der sie ist, verwundert dementsprechend kaum. Doch hebt er ganz klar hervor: „Die Liber Wiederin wäre nie so erfolgreich, wenn ich nicht in Sabine Oguzhan eine so fantastische Partnerin und in Ekkehard Hey-Ehrl einen so fantastischen Partner gefunden hätte.“ Zusammen verzeichnen sie über 100 Jahre Buchhandelserfahrung und bereichern damit die Innsbrucker Kulturlandschaft täglich ein kleines Stück mehr.
| Christina Vettorazzi
Ein Gedanke zu “LITERATUR|Betrieb unter vier Augen: Im Gespräch mit THOMAS WIEDERIN”