LITERATUR|Betrieb unter vier Augen: Im Gespräch mit Maria Neumayr

Im Februar 2021 hat Maria Neumayr die Leitung der Abteilungen Ratgeber, Kinder- und Jugendbuch der Wagner’schen übernommen. Die tägliche Freude darüber steht ihr ins Gesicht geschrieben. Mit komplex hat die Buchhändlerin nun über ihre Arbeit gesprochen. 

Maria Neumayr | Bild: Christina Vettorazzi

Wer sagt, dass Lesen ein einsames Hobby ist, hat noch nie die Buchhandlung Wagner’sche in der Museumstraße betreten. Dort tummeln sich allerlei Literaturbegeisterte und jene Werke, die von ihnen entdeckt werden wollen. Maria Neumayr steht im ersten Stock hinter dem Computer. Ihre Augen flitzen über den Bildschirm, doch unterbricht sie die Bearbeitung von Bestellungen für dieses Gespräch und einen Kaffee. 

Die Bänke vor dem Café der Wagner’schen laden zum Erholen ein. Hier kann man bei einem Frühstück oder Kaffee ungestört lesen. Vieles hat sich in den vergangenen Jahren verändert. So auch die Arbeit der Buchhändlerinnen und Buchhändler in diesem Haus. Ab dem ersten Lockdown wurde der Onlineshop der Wagner’schen zu dem Hotspot schlechthin und alle mussten Aufgaben übernehmen, die zuvor nicht zu ihrem Aufgabengebiet zählten – zum Beispiel Pakete verpacken. Obwohl es eine sehr anstrengende Zeit war, möchte sie rückblickend die positiven Seiten sehen: „Der Lockdown war arbeitsintensiv, aber es hat auch viel im Bereich Teambuilding gebracht.

Neumayr ist sehr gerne Buchhändlerin, dabei hat alles zufällig begonnen. Während ihrer Studienzeit erledigte Neumayr immer wieder kleinere Nebenjobs. Rückblickend sagt sie lachend: „Alles, was man macht, wenn einem nichts zu blöd ist.“ So verkleidete sie sich beispielsweise am Tag der Blue Tomato-Eröffnung in Innsbruck als blaue Tomate und versuchte für das Kleidungs- und Sportgeschäft Kundinnen und Kunden zu erreichen. Die Bewerbung bei der Wagner’schen ergab sich durch eine Freundin, die sie auf das Ausschreiben auf Facebook hinwies. Lachend sagt sie: „Hab’s probiert, hab’s gekriegt.“

Die Literatur hat schon immer eine große Rolle in Neumayrs Leben gespielt. Ganz besonders wenn die Realität gerade wieder einmal schwer auszuhalten war. „Egal wie schwierig es im echten Leben war – da war dann einfach der Moment, in dem man sich im Buch so richtig verliert, wo man es nicht mehr weglegen kann“, erinnert sich die Buchhändlerin schmunzelnd und fügt hinzu: „Zum Glück habe ich immer wieder Bücher gefunden, die mir das geben konnten.“ Doch verhalfen ihr die Texte nicht nur zur Flucht, sondern ließen auch neue Blickwinkel auf ihre eigenen Probleme zu. Denn durch das Eintauchen in eine andere Welt, in eine andere Figur mit anderen Problemen, konnte sie neue Perspektiven gewinnen. 

Doch war die Literatur nicht nur eine Hilfe, wenn wirkliche Probleme vorhanden waren – auch die kleinen Herausforderungen des Alltags wurden mit ihrer Hilfe gemanagt. So las ihr früher, als sie noch ein Kind war, ihre Mutter beim Zähneputzen aus den Harry Potter-Bänden vor, um Durchhaltevermögen ihrer Tochter zu erhöhen. Lachend sagt Neumayr: „Es hat funktioniert!“ Fantasy ist seither ein wichtiger Bestandteil ihres Lebens geblieben. Ebenso wie natürlich die Kinder- und Jugendbücher generell, die sie nun in der ersten Etage der Buchhandlung betreut. 

Abteilung Ratgeber, Kinder- und Jugendliteratur in der Wagner’schen | Bild: Christina Vettorazzi

Seit drei Jahren arbeitet sie mittlerweile in der Wagner’schen Buchhandlung. Anfangs nur für zwanzig Stunden übernommen. Seit einem Jahr ist sie Abteilungsleiterin und hat damit neue Möglichkeiten erhalten. „Ich darf das ganze Sortiment hier betreuen und kann damit auch entscheiden, in welche Richtung es gehen soll, wovon ich mehr will und, was ich nicht mehr will“, erklärt sie. Zu diesem Zweck recherchiert sie selbst viel, stöbert in Verlagsprogrammen, sichtet die Leseexemplare und spricht natürlich auch gerne mit Kindern über ihre Lesevorlieben. Ihr Fokus liegt mittlerweile klar auf Diversität und Umweltschutz. Ein Trend, den sie auch in den neuen Verlagsprogrammen vorfindet: „Auch wenn es nicht explizit um Diversität geht – zumindest auf ein bisschen Repräsentation wird jetzt mehrfach geachtet und das finde ich einfach cool.“

Langweiligen Arbeitsalltag gibt es in der Buchhandlung nicht, denn hier trifft man immer interessante Menschen. Nicht selten vergisst sie die Zeit, wenn sie sich mit einer Person über Literatur unterhält. Besonders leicht passiert das, wenn diese einen ähnlichen Geschmack hat und sie Tipps austauschen. „Der Kontakt zu den Leserinnen und Lesern ist wirklich das Beste an dem Beruf“, sagt Neumayr. 

| Christina Vettorazzi

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