„Eine Frau ist eine Frau ist eine Frau“ – der Titel des Debüts von Model, Podcasterin und Aktivistin Phenix Kühnert (erschienen 2022 im Haymon Verlag) stellt eine einfache Gleichung dar, die sich momentan doch wieder mitten im gesellschaftspolitischen Brennpunkt befindet. Phenix Kühnert hat sich nun mit komplex-Redakteurin Christina Vettorazzi verabredet, um im Rahmen der neuen Interviewreihe Literatur im Kon[TEXT] über ihr Buch zu sprechen.

C: Du schreibst, dass das Lesen dieses Textes wie ein Erzählabend bei dir zu Hause wirkt – mit Zwischenfragen und Zwischenrufen. Hast du diese Fragen und Rufe beim Schreiben auch gehört? Gab es Momente, wo du das Gefühl hattest, dass wirklich Publikum da war?
P: Ich würde nicht sagen, dass es sich angefühlt hat, als wäre Publikum da gewesen. Ich würde eher sagen, dass ich in meinem Leben schon so viele Gespräche über meinen persönlichen Weg geführt habe, dass ich beim Schreiben das Gefühl hatte, schon zu wissen, welche Fragen ein nicht betroffenes Gegenüber stellen könnte. Diese habe ich dann natürlich direkt im Text beantwortet.
Welche Unterhaltungen hast du mitgedacht?
Tatsächlich habe ich versucht alle ein bisschen einfließen zu lassen. Sei es das Gespräch, das ich mit Freundinnen tief in der Nacht geführt habe oder jenes mit meinen älteren Familienmitgliedern bei einem Familienfest. Oder eben auch eines, das sich mit einer fremden Person an der Supermarktkasse ergeben hat. Ich wollte alle ein bisschen einbinden und habe deshalb neue Begriffe auch sofort erklärt. Weil ich wusste, dass dieses Buch auch von Menschen gelesen werden wird, denen diese nicht so geläufig sind wie mir und den Personen aus der Community. Das war für mich ein wichtiges Anliegen.
Welchen Stellenwert würdest du Sprache im Allgemeinen in deiner Arbeit geben?
Sprache ist unglaublich wichtig, weil sie so viel formt und beeinflusst. Gleichzeitig können wir aber auch die Sprache beeinflussen. Ich merke immer wieder wie entspannend es für mich ist, wenn ich mich in queeren Spaces bewege. Weil meine queeren Freund*innen inklusive Sprache verwenden und so niemand ausgeschlossen wird. Alle werden gesehen und das ist ein schönes Gefühl.
An unterschiedlichen Stellen im Buch hast du erwähnt, wie schlimm es ist, wenn man sich in der Gesellschaft falsch fühlt und, dass es eben auch Menschen braucht, die nicht direkt betroffen sind und trotzdem zuhören, reflektieren, aufklären und sich Veränderung einsetzen. Aber worauf muss man denn als weißer cis Hetero achten, wenn man sich für Gleichberechtigung einsetzen will?
Ich glaube, es hat mit Menschenverstand und Fingerspitzengefühl zu tun, dass man sich nicht selbst in den Fokus dieser Gespräche bringt, sondern betroffenen Menschen den Vortritt lässt, aber eben auch da ist. Enissa Amani hat einmal gesagt, dass es wichtig ist, dass sich auch Menschen, die einer konkreten marginalisierten Gruppe nicht angehören sich für eben jene einsetzen, weil diesen oft mehr Gehör geschenkt wird, als den betroffenen Personen.
Hast du dir das Publikum deines Buches dann auch so vorgestellt? Also als Menschen, die es selber nicht betrifft, die aber interessiert sind, ihren Horizont erweitern oder etwas im eigenen Leben irgendwas ändern wollen?
Ja, ich würde meine Zielgruppe in zwei Personenkreise unterteilen. Das sind die Menschen, von denen du gerade gesprochen hast. Eben jene, die in ihrem Umfeld keine queere Person haben und ihren Horizont erweitern wollen. So würde ich es auch formulieren. Andererseits würde ich aber auch Betroffene, die in einer kleineren Stadt wohnen, wo es nicht viele queere Spaces gibt, darunter sehen. Diesen Menschen würde ich gerne in Buchform eine Freundin sein. Denn ich habe selbst in den letzten Jahren feststellen müssen, dass ich das Gefühl hatte, allein zu sein, als Einzige diese Ängste und Gedanken zu haben und dann immer mehr im Austausch festzustellen, dass es ganz viele Personen gibt, denen es ähnlich geht.
| Christina Vettorazzi