„Mermaids“ – Meerjungfrauen unter Palmen

Ein ungewöhnlicher Ort übt derzeit enorme Anziehung auf Theater- und Meerjungfrauinteressierte aus. Es ist das Palmenhaus, welches mit bezaubernden Klängen allzu verführerisch lockt – fast wie die Sirenen, denen Odysseus einst nur mit einer List entrinnen konnte.

Die erste Erkenntnis des Abends kommt früh: „Die Geschichte um Odysseus und die Sirenen ist eigentlich eine Metapher für alles. Die einen schweigen, die anderen hören nicht zu und eigentlich weiß niemand, was wirklich Sache ist.“

Nun stellen sich natürlich einige Fragen in der Mermaidangelegenheit. Zunächst: Warum beschäftigen sich die klassischen Meerjungfrauengeschichten fast ausschließlich mit den Problemen der auf Erden wandelnden Menschen, anstatt den Ungehörten der Meerestiefen eine Stimme zu verleihen? Wie haben Mermaids Sex und wie weinen sie unter Wasser? Jeder erinnert sich natürlich an Esther Williams, wie sie sich in Million Dollar Mermaid ihre Tränen unter Wasser trocknet – DAS Highlight der Filmgeschichte. Und woran mag es wohl liegen, dass Mermaids in all den Geschichten und Filmen so unterrepräsentiert sind, während Zauberer, Vampire und Superhelden zumeist von weißen Männern dargestellt werden und lebenslange Berühmtheit erlangen? Und schließlich: Aus welchem Grund sollten Mermaids, wie sie es stets tun, für ihre – immer heterosexuelle – große Liebe zu Menschen werden, anstatt wir Menschen zu Mermaids? Wer maßt sich an, zu behaupten, Meerjungfrauen wollen aus ihrer Verdammnis erlöst werden – was noch dazu einzig durch einen menschlichen Gemahl möglich sein soll?

Die einzig bedeutende Frage ist also letzten Endes: Sind wir bereit, unsere menschliche Existenz hinter uns zu lassen? Denn es geht nicht, wie allgemein angenommen, darum, die Lebenswelt der Meerjungfrauen an unsere anzupassen. Um sie wirklich verstehen zu können, müssen wir vielmehr zu Mermaids werden. Nach dieser Erkenntnis beginnt die zauberhafte Verwandlung. Zwischen Labortischen und Seerosen, zwischen Erde und Wasser (und auch ein wenig Luft) findet die Metamorphose unter höchst pathetischen Klängen und Worten statt. Und letztlich kann niemand anders, als mitzuschwimmen in diese märchenhafte Welt, die lediglich aus der herkömmlichen, menschlichen Perspektive eine solche ist, denn wer sagt uns, dass unsere Welt die realistische ist?

Wenn die Meerjungfrauen schließlich zu ihrem betörenden Gesang ansetzen, ist es allen Anwesenden jedenfalls unmöglich, ihnen nicht zu verfallen und ihre Welt nicht als die einzig wirklich existente (an) zu erkennen.

SC

mermaids_plakat

Infos und Termine

Facebook-Veranstaltung: Mermaids: Performance im Palmenhaus

weitere Termine:  Sa 6. | Mi 10. | Do 11. | Fr 12. | Sa 13. | So 14. Juli, jeweils 20:00 Uhr
im Palmenhaus (Hofgarten) Rennweg 12, Innsbruck

 

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