komPOST #22 [L. Patrizi, U. Titelbach]

komPOST im April: Lucilla Patrizi und Ulrike Titelbach entwerfen mit ihren Skizzen und Gedichten eine botanische Reise.

21 °C im Winter. Eine Reise im tropischen Gewächshaus

Lucilla Patrizi, 2021/22

[21 x 15 cm, Wachsmalkreiden, Bleistift und Buntstifte auf Papier]*

Ich möchte euch – von einer Reise erzählen. – Ich war viel unterwegs, ich war in Brasilien, Indien, auf den Antillen, Madagaskar, im Himalaya, Südostasien, Australien, Neuseeland… und das in nur knappen 4 Monaten! Wisst ihr, ich hatte wieder Lust zum Verreisen, neue Orte zu entdecken und zu erforschen. Also habe ich meinen Koffer gepackt und habe mich auf den Weg gemacht. Ich schlüpfte auf Reisen in der Rolle der Beobachterin, der Sammlerin und der Forscherin, um das Neuland so intensiv wie möglich zu erleben.

Doch für diese Reise flog ich diesmal nicht über zehn Stunden mit den Flieger, ich fuhr auch nicht tagelang mit dem Zug. In zwölf Minuten war ich bereits am Zielort. Mit dem Rad. Meine Reise führte mich in einer fiktiven Ferne. Sie führte mich in das tropische Gewächshaus am Institut für Botanik in Innsbruck, wo ich über den Zeitraum von November 2021 bis März 2022 in Form von Skizzen und Texten eine Aufzeichnung des „Bekannten“, des „bereits Entdeckten“ und „Erforschten“ angefertigt und klassifiziert habe. Eine künstlich vom Menschen erschaffene Klimazone, umhüllt von einer Glasschicht, deren Luken sich mechanisch betätigen lassen. Ein ausgeklügeltes hydraulisches System versorgt die Pflanzen in regelmäßigen Zeitbständen mit Wasser. Alles unterliegt der akribischen Kontrolle von Sensoren und Messgeräten, die ständig Temperatur, Feuchtigkeit und Lichteinfall prüfen. Nicht zuletzt, spielt beim Anlegen eines Glashauses Ästhetik und Vergnügen eine wichtige Rolle. Eine Mekka eines*r jeden Pfanzensammlers*in, wobei eine exotische ferne Welt simuliert wird, welche zum Träumen und Staunen anregt.

Schal, weiße Sneaker, Hausschlüssel, Skizzenbuch, Bleistift, Buntstifte, Zeit. Alles dabei.

Die Reise kann beginnen.

STILLES BLAU. Kurzgedichte in zwei Klangfarben

Ulrike Titelbach, 2022

DIE TRAUERWEIDE

                        de trauaweidn

                        putzd si aussi. a bearlvoahaung

                        aus frische knosbm

                                               die trauerweide

                                               ist geschmückt. ein perlvorhang

                                               aus frischen knospen

STILLES BLAU

                        a oekalüptusbladl

                        in de hoa eini gflochdn

                        so schdü und blau

                                               ein eukalyptusblatt

                                               ins haar geflochten

                                               stilles blau

FROSCHZUNGENTRÄUME

                        de mukal-fias

                        zukng. am seerosen-bladl

                        draamd da frosch mid da zung

                                               insektenbeine

                                               zucken. am seerosenblatt

                                               froschzungenträume

*Bei den eingereichten Skizzen handelt es sich um eine Auswahl von 107 Skizzen aus meinem Reisetagebuch. (Lucilla Patrizi)


Kurzbios

Lucilla Patrizi

Langzeitbeobachterin und schnelle Zeichnerin. Die Ästhetik des bereits Bestehenden und die Kraft der biologischen Prozesse in der Natur faszinieren mich. Ich bin keine Zauberin, weder erfinde ich neue Dinge. Ich versuche, verborgene Strukturen sichtbar zu machen, als Skizzen oder Worte auf Papier, als Skulpturen oder Bilder. Geboren 1990 in Rom, wohnhaft seit 2021 in Innsbruck.

Ulrike TITELBACH

veröffentlicht seit 2017 lyrische Texte und Prosa in diversen Literaturzeitschriften (etcetera, komplex, Morgenschtean, neolith, die Rampe, sfd& …) und Anthologien. Für ihr universitäres Schreibprojekt mit poesie zur theorie erhielt sie 2021 gemeinsam mit Studierenden der Universität Wien den Exil-Literaturpreis für Teams. Im selben Jahr erschien in der edition offenes feld ihr erster Lyrikband Fragile Umarmungen. Aktuell arbeitet sie gemeinsam mit Sofie Morin an Nachtschatten im Frauenhaarmoos. Phytopoetische Dialoge und am Lyrikband augen im hoiz.

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